Gedenkstunde zum Volkstrauertag auf dem Backnanger Stadtfriedhof
Redaktion backnang.online
Schüler der Tausschule stellen Projekt über einen Gefallenenfriedhof in den Niederlanden vor
Auf dem Gefallenenfriedhof im niederländischen Ysselsteyn liegt der 1908 in Backnang geborene Karl Balle begraben. Er starb als Soldat im Zweiten Weltkrieg am 1. April 1945. Mehr als 30000 gefallene deutsche Soldaten wurden in Ysselsteyn bestattet. Im Rahmen eines Projekts der Gemeinschaftsschule in der Taushatte Simone Paule mit Schülern diesen Friedhof besucht. Dabei hatten Schüler das Grab des Backnangers gesucht und es gereinigt.
An der Gedenkstunde zum Volkstrauertag am 15. November 2025 beteiligten sich die Schüler nun mit einer kleinen Inszenierung. Julian Burezerzählte vom Besuch auf dem Gefallenenfriedhof. SeineMitschüler zeigten Fotos des Friedhofs, gaben in kleinen Texten ihrer Hoffnung auf Frieden Ausdruck und stellten, von Luigia Melillo mit einem Song begleitet, Kerzen auf. In deren Zentrum stellten sie ein Foto des Grabkreuzes Balles auf, so dass der Eindruck entstand, die Gedenkstunde fände um dessen Grab statt. Das war eine besinnungsvolle Darbietung, die die Teilnehmer der Gedenkfeier beeindruckte. Später gratulierten einige den Schülern für die schöne Idee und die bewegende Umsetzung.
Die Gedenkstunde zum Volkstrauertag findet in Backnang immer am Samstag davor statt. Wie immer läutete einleitend die Friedensglocke im Türmchen der Friedhofkapelle. Dann eröffnete das städtische Blasorchester Backnang unter der Leitung von Paul Jacot die Gedenkstunde mit dem Choral „In Ewigkeit“ von Siegfried Rundel. Stimmungsvoll umstanden Mitglieder der Jugendfeuerwehr und der Jugendgruppe des Technischen Hilfswerks Backnang mit Fackeln das Mahnmal für die Oper des Kriegs und der Gewaltherrschaft.
„Das Gedenken hat die Aufgabe zu mahnen,“ stellte Oberbürgermeister Maximilian Friedrich an den Anfang seiner Ansprache. Das Stadtoberhaupt weiter: „Es richtet sich gegen das Vergessen und gegen das Verharmlosen; es zeigt uns, welche Folgen Menschenverachtung, Hass und Blindheit gegenüber Menschenrechten bewirken können.“ Das Gedenken solle aber nicht Selbstzweck sein, sondern es muss uns bewegen zu handeln und Verantwortung zu übernehmen. Auch das diesjährige Motto des Volksbunds deutscher Kriegsgräberfürsorge „Versöhnung über den Gräbern – Arbeit für den Frieden“ sah Friedrich als Auftrag. Für die Zukunft war dem Stadtoberhaupt wichtig, in das Gedenken an die beiden Weltkriege auch die nachfolgenden Generationen einzubeziehen. Damit meinte Friedrich konkret die Beteiligung der Schüler der Gemeinschaftsschule in der Taus an der Gedenkstunde: „Sie sind die Brücke in die Zukunft.“ Solche Projekte seien besonders wichtig, da die lebenden Zeitzeugen, die persönlich vom Grauen des Zweiten Weltkriegs berichten können, immer weniger werden. „Deshalb sind wir umso mehr in der Pflicht die Erinnerung zu bewahren,“ so das Stadtoberhaupt.
Als stellvertretender Bezirksvorsitzender des Volksbunds deutsche Kriegsgräberfürsorge in Nordwürttemberg betonte der Landtagsabgeordnete Ralf Nentwich:„Der Volkstrauertag ist ein Tag der Stille, aber er ist niemals ein Tag der Sprachlosigkeit.“Er erinnerte an das Ende des Zweiten Weltkriegs vor achtzig Jahren. Diese Erinnerung diene als Auftrag, dass nie wieder Hass, Nationalismus und Entmenschlichung unser Zusammenleben bestimme. „Aus den Trümmern der Jahre nach 1945 ist ein neues Europa erwachsen. Ein Europa des Friedens, der Freiheit und der Verständigung.“ Er erinnerte aber auch: „Wer die Geschichte kennt, der weiß: Frieden ist niemals selbstverständlich.“ Ralf Nentwich stellte auch einen Bezug zur eigenen Familie her, an die Erzählungen seiner Großeltern, denen die Zeit des Zweiten Weltkriegs und die Folgen als Vertriebenen aus dem Sudetenland immer präsent war. „Ihr Kokffer von damals ist noch heute ein lebendiges Stück Erinnerungskultur für mich,“ bekannte Nentwich. Auch er dankte den Schülern der Tausschule. Für ihn ist Arbeit mit Biografien im Unterricht eine gelebte Erinnerungskultur: „Dahinter stehen aber immer Menschen, Familien, Beziehungen, Gefühle. Diese machen aus toten Buchstaben lebendige Erinnerung, mutmachende Zeichen der Hoffnung und der Versöhnung.“
Unter den Liedern, die Liederkranz und Liedertafel als gemeinsamer Chor sangen, war „Es kommt die Zeit, in der die Träume sich erfüllen“ von Gerhard Schnath und Otto Wiemer mit einer Melodievon Peter Janssen. Nach der Kranzniederlegung durch das Deutsche Rote Kreuz, den Sozialverband Volksbund deutsche Kriegsgräberfürsorge, die Reservistenkameradschaft und die Stadt Backnang spielte das städtische Blasorchester „Ich hatt’ einen Kameraden“. Mit einem Gebet leitete der evangelische Dekan Rainer Köpf sein Schlusswort ein. Die dritte Strophe des Deutschlandlieds beendete die Gedenkstunde.
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